Mittwoch, 5. Juli 2017

Interview mit einem Filmemacher

Wolfgang Schwerdt für Kulturstrom im Gespräch mit Frank König

Frank König. Foto visiris
Der 31jährige Germanistik-Master in Spe ist Gründer und Kreativer einer Videoproduktionsfirma, die neben Musikclips, Image- und Promotionfilme auch Dokumentationen produziert.  Vier Jahre Tätigkeit als freischaffender Journalist hat er auch schon auf dem Buckel. Sicherlich nicht sonderlich aufregend und erwähnenswert, wenn da nicht dieses Projekt einer Dokumentation über die Illenau wäre. In seinem 90-minütigen Film, der im Oktober 2017 in ausgewählten Kinos gezeigt werden wird, stellt er die wechselhafte 175 jährige Geschichte der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt bei Achern in Baden-Württemberg dar. Dass sein bildgewaltiges Werk – der Trailer vermittelt einen ersten Eindruck – im Anschluss an die Kinopremiere als DVD, Bluray und Digitalkauf angeboten werden soll, weist darauf hin, dass es sich nicht um eine der üblichen Auftragsarbeiten handelt. Das und das Thema selbst sind Grund genug, für Kulturstrom, sich einmal mit Frank König zu unterhalten.

Kulturstrom: Einen 90-Minutenfilm mit professionellen Darstellern, 12 Interviewpartnern, intensiver Recherche und recht aufwändiger Produktion schüttelt auch ein Filmmensch ja nicht so ohne weiteres aus dem Ärmel. Was hat Sie zu diesem Abenteuer bewogen?

Filmemacher Frank König u Emre Özlü, Im Rollstuhl Simon Weck, Helmut Schiffner als Direktor Roller, Constanze Fliegel als Schwester. Foto Sebastian Lermen
König: Die Idee, eine Dokumentation über die Illenau zu produzieren, kam Co-Regisseur Emre Özlü und mir, als wir eines Nachts wie schon so oft unsere Runden um den geschichtsträchtigen Gebäudekomplex der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt zogen und über Gott und die Welt sprachen. Für mich ist es das erste Projekt dieser Größenordnung und der Arbeitsaufwand ist höher als ich zunächst angenommen hatte. Allerdings sehe ich das als willkommene Herausforderung an und mit den Illenau-Experten und talentierten Schauspielern des Illenau-Theaters hatte mein dreiköpfiges Team eine großartige Unterstützung.

Kulturstrom: Aber es ist ja auch eine finanzielle Herausforderung, wie stemmen Sie eigentlich das Projekt?

König: Finanziell trage ich bisher den kompletten Aufwand selbst. Aber gerade jetzt, wo wir in die Phase kommen, in der der Film entsprechend beworben werden muss, suchen wir natürlich auch Partnerschaften und Sponsoren. Das können Menschen, Firmen oder Institutionen sein, die sich wie wir mit der Illenau identifizieren, das können aber auch Geschichts- oder Filmkunstinteressierte sein, die sich für unser Projekt begeistern.

Kulturstrom: Die Illenau ist ja in weiten Teilen der Bevölkerung recht unbekannt und auch ich als musste mir die Geschichte der „Irrenanstalt“ erst wieder ins Gedächtnis zurückrufen. Was hat Sie, neben der Tatsache, dass es sich um einen Teil Ihrer Heimatgeschichte handelt, dazu bewogen, dieses Thema aufzugreifen?

König: Wenn man hier in der Umgebung aufgewachsen ist, übt dieser Ort eine seltsame Anziehung auf einen aus. Die Menschen im Dunstkreis der Illenau sind allesamt langjährige Begleiter ihrer Geschichte. Es gibt Menschen, die ziehen hier tagtäglich ihre Kreise zu Fuß, einfach, um zu denken! Dieser Ort mit seinem Glockenturm, dem Brunnen, dem angrenzenden Eiskellerwald und dem Waldfriedhof hat dem Besucher unglaublich viel zu sagen.

Standbild aus dem Dokumantarfilm. Foto visiris

Und er eignet sich als geschichtliches Exempel meiner Meinung nach deshalb, weil die Geschichte hier besonders tiefe Spuren hinterlassen hat. Eine besonders anschauliche Metapher hierfür ist übrigens die Gedächtnislücke, ein Mahnmal auf dem Gelände der Illenau, das an die Opfer der „Euthanasie“ erinnern soll.

Kulturstrom: Können Sie die Geschichte des Gebäudes und damit den Inhalt Ihrer Dokumentation für unsere Leser noch einmal kurz umreißen?

König: Das spannende an der Geschichte der Illenau ist ihre Dramaturgie. Auf den himmelshohen Aufstieg folgte hier ein bodenloser Fall! Im Jahr 1842 als die Illenau gegründet wurde, war sie europaweit als Musteranstalt angesehen. Viele wohlhabende Besucher ließen sich hier freiwillig einweisen, so auch Schriftsteller und Pfarrer Heinrich Hansjakob, der während seines Aufenthaltes in der Illenau sein Tagebuch „Aus kranken Tagen“ verfasste. Zitate aus diesem Werk sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil unserer Doku und werden immer wieder eingestreut.
Richtig spannend wird die Geschichte der Illenau in meinen Augen, wenn die anfängliche Hochzeit ihren Zenit erreicht hat und sich erste Anzeichen erkennen lassen, die auf die schrecklichen Verbrechen hinweisen, die hier während des zweiten Weltkrieges geschehen. Kranke, hilfebedürftige Menschen werden von hier aus nach Grafeneck befördert, um dort vergast zu werden und es sind ausgerechnet Vertrauenspersonen, Ärzte, die den hippokratischen Eid brechen.
Im letzten Schwerpunkt unserer Dokumentation wollen wir aufzeigen, was die heutige Gesellschaft aus dem schweren Erbe der Illenau schaffen konnte. Nach der 50-jährigen französischen Nutzung des Illenau-Geländes durch die französische Luftwaffe floriert und gedeiht der Komplex heute in den Händen fähiger Acherner und um es mit den Worten des Oberbürgermeisters Muttach, ebenfalls einer unserer Experten, auf den Punkt zu bringen: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“

Kulturstrom: Ihr Film soll im Oktober in ausgewählten Kinos erscheinen. Können Sie schon Orte und Termine nennen?

König: Die Premiere findet am Samstag, den 7. Oktober ab 19.30 Uhr im Festsaal der Illenau
statt. Anschließend soll der Film in den umliegenden Kinos gezeigt werden. Wir stehen
bereits im Gespräch mit den Betreibern des Acherner Kinos Tivoli sowie jenem des
Offenburger Kinos Forum. Genauere Angaben werden schon bald auf der offiziellen
Homepage zur Dokumentation folgen.

Kulturstrom: Herr König, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.



Zur visiris-homepage: http://www.visiris.de
Zur Homepage der Ilmenau-Dokumentation: http://www.illenau-doku.de

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